Szene-Sauna in Marseille
So Kalt
Mir ist kalt. Der November neigt sich dem Ende. Beim Packen meiner Sachen vor meiner Ankunft in der neuen Wahlheimat Marseille war ich wohl etwas zu optimistisch das hießige Klima betreffend. Tatsächlich war es in der September-Woche, in der ich Marseille meinen ersten Besuch abstattete, aus deutscher Pespektive noch Hochsommer. Doch seit Anfang November ist es damit schlagartig vorbei.
Ich erinnere mich an die Bemerkung meiner Vermieterin, dass die Wohnung in der in Frankreich für Mietobjekte obligatorischen Energie-Bewertung leider nicht mit Bestnoten aufwarten kann. Meine Wohnung/Zimmer ist mit einem einzigen elektrisch betriebenen Heizkörper ausgestattet. Ich heize also mit Atomstrom. Von den 58 Reaktorblöcken in ganz Frankreich (9 in ganz Deutschland) befinden sich 6 alleine zwischen Marseille und Genf. Man kann also von dezentralem Atomstrom aus der Region sprechen. Von der dort erzeugten Wärme ist hier leider nicht viel zu spüren.
Ich ziehe mir einen zweiten Pullover an, stelle meine Möbel um und nehme direkt neben der Heizung Platz. Zum Abend hin wird es noch ein wenig kühler. Ich mache mir warme Gedanken: In eine Sauna müsste man heute gehen. Einfacher gesagt als getan.
Saunalandschaft in Marseille
Ich erinnere mich daran einen „Sauna Club“ eine Ecke weiter erspät zu haben. Ich versuche die Sauna im Internet zu finden. Das ist tatsächlich nicht ganz einfach. Ich suche nach anderen Saunen. Als erstes finde ich Les Thermes. Mich beschleicht der Verdacht, dass es sich bei diesem Etablissement nicht vordergründig um eine Sauna handelt. Darauf finde ich noch eine andere Sauna, die jedoch sehr teuer ist.
Ich spreche mich mit Sven1, einem Erasmus-Studenten aus Deutschland, ab und wir beschließen die Internet-Recherche aufzugeben und uns am Abend selbst auf die Suche zu machen.
Wir laufen zunächst zum „Sauna Club“. Beinahe hätten wir es übersehen, so schmuddelig und unscheinbar mutet der Eingang an. Zahllose Männer-Plakate hängen im Eingang. Hier ist man sehr aufgeschlossen. Während Sven am Liebsten auf dem Absatz kehrt machen möchte, frage ich doch nochmal nach den Öffnungszeiten, Preisen und ob auch heterosexuelle Menschen gleichermaßen willkommen wären. Freilich sei das kein Problem. Dabei erfahren wir, dass es sich um eine reine Männerdisko handelt.
Bevor wir dann schließlich doch gehen lassen wir uns noch Saunen in der Umgebung empfehlen, die etwas länger geöffnet haben. Im Araber-Viertel finden wir schließlich die Sauna Cargo.
Sven fällt auf, dass die Sauna gar keine Fenster hat. Ich erkläre optimistisch, dass die Fenster sicher eher Richtung Innenhof zeigen. Wir treten ein. Die Sauna schließt um 21 Uhr. Da wir sehr spät dran sind, handle ich für uns einen kleinen Rabatt aus. Wir zahlen 15€. Im Preis inbegriffen sind die Badelatschen und ein Handtuch. Dazu bekommen wir ein breites Armband mit Tasche für den Schlüssel.
In der Umkleide (besser: vor den Schließfächern im Gang – eine Umkleide gibt es nicht) macht mich Sven sogleich auf den Fernseher an der Decke aufmerksam. Zwei Männer beim Akt. Doch das spielt jetzt keine Rolle mehr. Wir haben bezahlt. Ein schwarzer leistet mir Gesellschaft beim Umziehen. Ich bin etwas irritiert. Er merkt es wohl und geht auf Touchfühlung. Souverän und höfflich winde ich mich aus der Situation. Wir gehen ins Innere der Sauna. Da ist es ziemlich dunkel. Es gibt mehrere Stockwerke. Im Dämmerlicht wechseln wir in die nächste Etage. Sven hat inzwischen herausgefunden, dass sich in der Tasche unseres Schlüsselarmbands ein Kondom befindet. Toll. Wir setzen uns in die nächste Sauna (ein Dampfbad).
Wir haben noch nicht einmal angefangen zu schwitzen, da bemerken wir ein paar leere Verpackungen auf dem Boden. In dieser Sauna geht es also heiß her. Einen Moment später setzt sich ein Mann zu uns. Wir führen ein ganz ungezwungenes Gespräch. Es kommen 2 weitere Männer hinzu. Ich bekomme den Eindruck hier etwas zu stören und Sven und ich verlassen das Dampfbad. Wir werfen rasch einen Blick in die Finnische Sauna: klein, aber sauber.
Wir erkunden kurz die Ruhbereiche der Sauna. Die obere Etage ist in viele kleine, voneinander gut getrennte Buchten mit Lederliegen aufgeteilt. Es ist offensichtlich, dass hier eher nicht geruht wird, doch im Moment sind wir alleine. Nachdem wir uns etwas vor dem riesigen Pool im Keller ausgeruht haben, gehen wir in die Finnische Sauna. Doch es war jemand vor uns da (vermutlich mindestens 2 Männer): wir finden jetzt auch hier Plaste-Verpackungen. Das ging schnell. So ein Glück, dass man die Kondome gleich am Handgelenk trägt.
Uns bleiben kaum 10 Minuten, da werden wir auch schon freundlich darauf hingewiesen, dass die Sauna in Kürze schließt. Keine weiteren Vorkommnisse – nächstes mal wollen wir in eine andere Sauna gehen.
Zu Hause angekommen, finde ich schließlich die Webseite der Sauna. Ja, man hätte es wissen können.
-
Name von der Redaktion geändert. ↩︎